Ist die Nulltoleranz für THC wissenschaftlich haltbar?
Seit 2005 gilt in der Schweiz eine sogenannte Nulltoleranz für THC im Strassenverkehr. Konkret bedeutet das: Ein Wert von über 1.5 ng/mL THC im Blut gilt bereits als fahruntüchtig – unabhängig von der tatsächlichen Fahrfähigkeit.
Doch ist dieser Grenzwert noch zeitgemäss?
Eine vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) in Auftrag gegebene Literaturanalyse (Bucher et al., 2020) des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Basel geht genau dieser Frage nach.
Ziel der Studie: Wissenschaftliche Grundlage schaffen
Die Literaturanalyse verfolgt das Ziel, eine objektive, wissenschaftlich fundierte Grundlage für eine mögliche Anpassung der THC-Grenzwerte im Schweizer Strassenverkehr zu schaffen.
Dabei werden internationale Studien, Vergleichsmodelle und medizinische wie juristische Aspekte beleuchtet.
Was sagen Studien zur Wirkung von THC im Strassenverkehr?
Einige wichtige Erkenntnisse:
THC ≠ Alkohol: Die Wirkung auf die Fahrfähigkeit unterscheidet sich deutlich
Vorsicht statt Risiko: Geringe THC-Werte führen teilweise zu vorsichtigerem Fahren
Selbstüberschätzung bei Alkohol: Alkohol senkt die Hemmschwelle deutlich stärker
Einnahmeform ist entscheidend: Rauchen oder orale Einnahme beeinflussen THC-Gehalt und Wirkdauer
Mischkonsum gefährlich: Die Kombination von Cannabis und Alkohol verschlechtert die Fahrfähigkeit deutlich stärker als die Einzelstoffe
Wie wird THC aktuell in der Schweiz geregelt?
- Gültiger Grenzwert: 1.5 ng/mL THC im Blu
- Gilt unabhängig von der tatsächlichen Beeinträchtigun
- Gleichbehandlung mit Betäubungsmitteln wie Heroin oder Kokai
- Kritisiert, weil: auch CBD-Nutzer mit sehr geringen Restwerten betroffen sein könnten
Drei Szenarien für die Zukunft laut Studie
Die Literaturanalyse präsentiert drei mögliche Optionen für eine neue Regulierung:
1. Beibehaltung der aktuellen Regelung
Einfach anzuwenden – Mögliche Fehlbestrafung bei nicht beeinträchtigten Personen
2. Anhebung auf 3 ng/mL
Nur Personen mit tatsächlicher Fahrbeeinträchtigung werden belangt – Diskussion um Toleranzspielräume
3. Mehrstufiges Modell
Bis 1.5 ng/mL: Keine Massnahmen
1.5–3 ng/mL: Administrativmassnahmen möglich (z. B. Verwarnung, Fahreignungstest)
Über 3 ng/mL: Fahrunfähigkeit gilt als erwiesen → Anzeige
Warum ist das Thema so relevant?
Mit der wachsenden gesellschaftlichen Akzeptanz von Cannabis und CBD-Produkten ist eine rechtssichere, wissenschaftlich fundierte Regulierung im Strassenverkehr dringend erforderlich.
Die aktuelle Regelung trifft auch gelegentliche Konsumenten, die zum Zeitpunkt der Fahrt gar nicht mehr beeinträchtigt sind.
Für die Weiterentwicklung braucht es:
Differenzierung nach Substanz, Konsumform und Wirkung
Wissenschaftlich gestützte Grenzwerte
- Schutz der Bevölkerung ohne willkürliche Kriminalisierung
Fazit: THC-Grenzwerte auf dem Prüfstand
Die Diskussion um THC im Strassenverkehr ist berechtigt und dringend notwendig. Die neue Literaturanalyse zeigt klar: Der wissenschaftliche Konsens ist nicht so eindeutig, wie es die aktuelle Gesetzgebung vermuten lässt.
Eine differenzierte Regelung mit messbarem Bezug zur Fahrfähigkeit wäre ein Schritt in Richtung Gerechtigkeit – und mehr Rechtssicherheit für Konsumierende von legalen Hanfprodukten.
Quellen
Literaturanalyse Uni Basel und Faktenblatt THC-Grenzwert
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in deutschland macht der staat das viel besser
https://www.autobild.de/artikel/grenzwert-cannabis-am-steuer-22917087.html
Es scheint in die richtige Richtung zu gehen:
Erstes Urteil: Gericht spricht Autofahrer mit THC-Wert von 3,1 ng/ml Cannabis frei!
https://www.anwalt.de/rechtstipps/erstes-urteil-gericht-spricht-autofahrer-mit-thc-wert-von-3-1-ng-ml-cannabis-frei-226245.html
Deutschland will 3.5ng THC im Strassenverkehr. Hier gelesen. Aktuell aus Deutschland: https://www.zeit.de/news/2024-03/28/kommission-schlaegt-grenzwert-fuer-cannabis-am-steuer-vor
Ganz aktuell will Deutschland die regeln ändern und den THC Wert (für die Strassenverkehr) leicht anheben: Hier: https://www.rnd.de/politik/cannabis-im-strassenverkehr-ampel-will-thc-grenzwert-anpassen-ZYWS6NOE35EWXGASWAL2BIGTOE.html?s=35&fbclid=IwAR3Ofp1dgvHUatlMlYmqrsC9dX0LBdr54CYqzJMwK_GWRb4EdnFk2BWLQq4
Gerade aus Deutschland aufgeschnappt: 25.08.2022
Die geplante Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken führt zu vielen Detailfragen, für die es zeitnah pragmatische Lösungen zu finden gilt. Der rechtssichere Umgang mit Cannabis im Straßenverkehr klingt dabei erst einmal nach einem sehr technischen Thema. Eine Neuregelung würde als Baustein einer sicheren Legalisierung aber ein zentrales und sehr konkretes Problem für Patientinnen und Patienten sowie Konsumierende lösen: Aktuell kann selbst der seltene Konsum von Cannabis vollkommen ohne Bezug zum Straßenverkehr ein schwerwiegendes Risiko für die Fahrerlaubnis nach sich ziehen – mit allen Konsequenzen für die alltägliche und berufliche Lebensrealität der Betroffenen. Expertinnen und Experten setzen sich deshalb aktuell mit zentralen Fragen einer Neuregelung auseinander.
Worum geht es in der Debatte?
Wer sich in Deutschland aktuell einem polizeilichen Drogentest unterzieht, dem drohen ab einer Konzentration von 1,0 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum Strafen. Das kann Bußgelder, Punkte in Flensburg oder auch nicht selten ein Fahrverbot bedeuten. Während in anderen Ländern die Konzentration im Blut gemessen wird, orientiert man sich in Deutschland am Blutserum. Das trägt zu einer weiteren Verschärfung des Grenzwertes bei.
Auf den ersten Blick gibt es hier Ähnlichkeiten zu Alkoholkontrollen im Straßenverkehr. Doch es gibt auch entscheidende Unterschiede: Um den aktuell relevanten Schwellenwert zu messen, muss nicht zwangsläufig der Konsum von Cannabis unmittelbar vorangegangen sein. Denn der aktuelle Grenzwert bildet lediglich die kleinstmögliche, sicher nachweisbare Konzentration von THC im Blut ab. Laut Expertinnen und Experten könne THC auch dann noch im Blut nachgewiesen werden, wenn der Konsum bereits mehrere Tage zurückliegt und keine körperlichen Beeinträchtigungen mehr zu erwarten sind. Die für die Fahrsicherheit relevante Beeinträchtigung ergebe sich aus den individuellen körperlichen Eigenschaften sowie den Konsumgewohnheiten der Betroffenen.
Wer fordert was?
Es stellt sich also zwangsläufig die Frage, ob ein positiv-Test mit dem aktuell angewendeten Grenzwert überhaupt als Indikator für die Fahrtüchtigkeit einer Person herangezogen werden kann – wie es beispielsweise bei Alkohol der Fall ist. Im Rahmen des Deutschen Verkehrsgerichtstags vergangene Woche in Goslar haben Unfall- und Rechtsexpertinnen und -experten diese Frage für sich mit Nein beantwortet.
Ein positives Ergebnis sei unter den bestehenden Grenzwerten kein ausreichender Indikator für eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit. Das Problem ist hier: allgemein akzeptierte und wissenschaftlich begründete Grenzwerte, die den Rauschzustand, die körperlichen Beeinträchtigungen oder die Gefahr für den übrigen Verkehr mit einbeziehen, existieren für Cannabis bisher nicht. Bei Alkohol verhält sich das ganz anders: Dort werden die Promille-Werte über ihren gut nachgewiesenen Zusammenhang mit statistischen Unfallrisiken begründet.
Das erklärt auch, wieso sich z.B. der TÜV-Verband bisher nicht für eine Anhebung des Grenzwertes ausgesprochen hat. Der Verband verweist auf die vergangene Rechtfertigung des bestehenden Grenzwertes. Dort war ausschließlich die vollständige Trennung zwischen Konsum und Fahren maßgeblich. Der Verband argumentiert, es gebe noch keine Evidenzen, die einen höheren Grenzwert rechtfertigen. Auch hier steht also die Forderung nach einem begründeten Grenzwert im Vordergrund. Der Verkehrsgerichtstag hat sich abschließend für eine Anhebung des THC-Grenzwerts im Verkehr ausgesprochen.
In der öffentlichen Debatte werden Grenzwerte zwischen zwei und fünf Nanogramm pro Milliliter Blutserum diskutiert. Begründet wird das z.B. mit der Unfallhäufigkeit, die von der Bundesanstalt für Straßenwesen als Kennwert ermittelt wird. Demnach würden etwa bei einer THC-Konzentration von 3,8 Nanogramm Beeinträchtigungen vergleichbar zum Grenzwert bei Alkohol vorliegen. Volker Wissing, der Bundesminister für Digitales und Verkehr, plädiert in dieser Debatte dafür, den genauen Grenzwert als Sache der Rechtsprechung zu betrachten.
Wie gehen andere Länder damit um?
In den Vereinigten Staaten sammeln immer mehr Bundesstaaten Erfahrungen mit einer legalen Abgabe von Cannabis. Nicht überraschend ist daher, dass man dort eine Antwort auf die Frage eines angemessenen Grenzwertes finden möchte. Aus diesem Grund möchte der Kongress im „Marijuana Opportunity Reinvestment and Expungement Act“ die National Highway Traffic Safety Administration anweisen, Methoden zu finden, mit denen eine Beeinträchtigung im Straßenverkehr festgestellt werden kann. Die Ergebnisse der Untersuchung können potentiell eine große Signalwirkung für andere Länder haben.
Zum jetzigen Zeitpunkt bleibt die Frage nach einem sinnvollen Umgang mit Cannabis im Straßenverkehr weiterhin ein international ungelöstes Problem. Unabhängig davon, wo genau letztendlich der Grenzwert zu verorten ist oder auf welches Indiz hin die Fahrtüchtigkeit untersucht wird: Die Bundesregierung hat sich mit der kontrollierten Abgabe zu Genusszwecken auch das Ziel gesetzt, den Spagat aus Gewährleistung der Verkehrssicherheit einerseits und Rechtssicherheit für Konsumierende andererseits zu schaffen. Wenn dies gelingt, profitieren nicht nur Patientinnen und Patienten sowie Konsumierende von Genusscannabis, sondern auch die Justiz und die allgemeine Verkehrssicherheit.
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