17.03.2023
Der Bund bewilligt das Projekt «Züri Can» — drei Jahre lang dürfen ausgewählte Zürcherinnen und Zürcher legal Cannabis beziehen und rauchen. So weit wie die Niederlande ist die Schweiz noch nicht. Cannabis als Genussmittel bleibt bis auf weiteres nicht erlaubt. Aber die Schweiz will lernen. Sie bereitet sich mit verschiedenen Pilotprojekten in zahlreichen Städten auf eine mögliche Legalisierung vor. Das Bundesamt für Gesundheit hat am Mittwoch nun auch die Zürcher Studie bewilligt.
Sie heisst «Züri Can – Cannabis mit Verantwortung» und kann nun beginnen: ab sofort mit dem Anbau von Studien-Cannabis, das ab August den Teilnehmern an ausgewählten Stellen verkauft werden soll. Zusammen mit der Universität Zürich untersucht die Stadt dann während dreier Jahre, wie ein regulierter Cannabis-Bezug aussehen und wie er sich auswirken könnte. Wer darf am Pilotprojekt mitmachen? Wo kann man Cannabis kaufen? Und wofür braucht es die Studien? Die wichtigsten Fragen und Antworten: Wer darf teilnehmen? Ein Päckchen Gras kaufen und einen Joint legal im Rahmen der Studie rauchen? Dafür müssen mehrere Bedingungen erfüllt sein:Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Pilotprojekts müssen volljährig sowie urteilsfähig sein und dürfen keinen Job als Fahrer von Bussen, Taxis oder anderen Fahrzeugen haben. Stillende oder werdende Mütter sind im Projekt nicht vorgesehen. Und wer mitmachen will, der muss bereits seit einem Jahr aktiv kiffen.
Belegen lässt sich das mit einem Urintest im Aufnahmeverfahren. Auch eine Schwangerschaft wird damit ausgeschlossen. Gute Deutschkenntnisse sind eine der Voraussetzungen. Die Bewerberinnen und Bewerber müssen auch zu einem Aufnahmegespräch bei einer der Bezugsstellen erscheinen, eine Wohnsitzbestätigung der Stadt Zürich vorlegen und bei der Anmeldung einen Online-Fragebogen ausfüllen. Wo kann man Cannabis beziehen? Insgesamt sind 21 Verkaufsstellen geplant: in Apotheken, im Drogeninformationszentrum (DIZ) sowie in sogenannten Social Clubs.
Letztere Bezugsstelle ist eine Zürcher Eigenheit, die es in keiner anderen der testenden Städte gibt. Die Social Clubs sind Vereine, die nur innerhalb der Studie Cannabis kaufen und an Teilnehmende verkaufen können. Der anschliessende Konsum ist nur in privaten Räumen oder in diesen Klubs erlaubt. Zudem müssen sich die Studienteilnehmer im Auswahlverfahren für eine Bezugsstelle entscheiden und können diese nicht mehr wechseln. Ob in der Apotheke, in DIZ oder in Social Clubs: Die Bezugsstellen sollen eine individuelle Beratung bieten und so die gesundheitlichen Risiken minimieren.
Stadt und Universität Zürich schulen im Vorfeld das Verkaufspersonal. Welche Produkte sind im Angebot? Im Angebot wird es neun Produkte geben – alle biologisch in zwei ausgesuchten Schweizer Betrieben angepflanzt. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat diesen Unternehmen eine Spezialbewilligung für die Produktion erteilt. Damit kann der THC- und CBD-Gehalt genau kontrolliert und der Inhalt von schädlichen Stoffen vermieden werden. Wie sieht der Zeitplan aus? Am Mittwoch hat das BAG grünes Licht erteilt.
Jetzt kann das Projekt mit der ersten Phase starten: mit dem Anbau. Die erste Ernte wird im Juli 2023 erwartet. Anschliessend müssen die Blüten verpackt und vertrieben werden. Nach den Sommerferien sollte dann der Verkauf im August losgehen. Produkte aus dem Harz der Pflanze, also Hasch, sollte es ab Mitte Oktober im Angebot geben – weil sie aufwendiger produziert werden müssen.
Die Studienteilnehmer müssen regelmässig einen wissenschaftlichen Online-Fragebogen ausfüllen. Was sind die Hintergründe? Es ist die meistkonsumierte illegale Substanz in der 2
Schweiz: Cannabis. Und die Tendenz ist weiter steigend. Der Bund sucht deshalb nach neuen Ansätzen im Umgang. Wie kann man den Konsum regeln? Die schweizweiten Studien sollen dies aufzeigen, gerade indem lediglich kontrollierte Bioprodukte und nicht schädlichere aus dem Schwarzmarkt konsumiert werden.
In der Herbstsession 2020 hatte das Parlament die Studien erlaubt, im Mai 2021 trat das entsprechende Gesetz in Kraft. Wo werden Studien durchgeführt? An den elf Standorten Genf, Lausanne, Thun, Bern, Biel, Olten, Zürich, Winterthur, St. Gallen, Glarus und Basel-Stadt sind bisher Studien angerollt oder sind in der Pipeline. Im Januar startete zuletzt der Pilot in Basel-Stadt. In Baselland besteht ein privates Unterfangen, das jedoch noch keine Bewilligung erhalten hat.
Anmeldung für die Studienteilnahme
Züri Can – Cannabis mit Verantwortung
BAG – Übersicht über die bewilligten Pilotversuche
Quelle:
23.03.2023 Neue Zürcher Zeitung MICHELE COVIELLO