Grüne-Nationalrätin Porchet fordert Cannabis Legalisierung
«In Lausanne ist es an Sonntagen leichter, Cannabis zu kaufen als Brot»
Bei der grünen Nationalrätin Léonore Porchet (34, VD) läuten die Alarmglocken. In Bern laufen die Arbeiten für eine mögliche Legalisierung von Cannabis. Bis im Dezember 2024 könnten sie abgeschlossen sein. Doch einige Leute würden alles tun, um die Diskussionen zu verschleppen. Das Parlament beschäftigt sich mit einer möglichen Cannabis-Regulierung. Die grüne Nationalrätin Léonore Porchet spricht im Interview über ihre Idee einer möglichen Legalisierung.
Warum glauben Sie, dass die Cannabis-Legalisierung eine der grossen Herausforderungen der nächsten Legislaturperiode sein wird?
Insgesamt schätzt der Bund, dass mehr als ein Drittel der Bevölkerung einmal Cannabis konsumiert hat. Es handelt sich um die am häufigsten konsumierte illegale Substanz im Land. In Lausanne ist es an Sonntagen leichter, Cannabis zu kaufen als Brot. Und das, obwohl wir ein strenges Verbotssystem haben.
Haben die aktuellen Gesetze versagt?
Absolut. Die Politik reagiert beim Thema Cannabiskonsum immer noch eher moralisch als vernünftig. Man verschliesst die Augen vor dem grossen Cannabiskonsum im ganzen Land und vor der anderen Realität, die dieser Konsum mit sich bringt: dem Verkauf. Dies hat zur Folge, dass wir nicht kontrollieren können, wer konsumiert und was die Verkäufer auf dem Schwarzmarkt tun und anbieten. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass dem Staat riesige Summen entgehen. Wir sprechen hier von mehreren Milliarden Franken pro Jahr.
Was sollte also getan werden?
Eine Regulierung des Marktes würde den Schwarzmarkt austrocknen und die Kontrolle der Qualität dieser Produkte, die auf viele verschiedene Arten konsumiert werden können, sicherstellen. Unsere Gesetze dazu sind veraltet: In der Schweiz wird die Pflanze als Droge betrachtet. Nicht das THC (Anm. d. Red.: die wichtigste psychoaktive Verbindung in Cannabis). Wenn jemand Cannabisöl verkauft, handelt diese Person natürlich nicht mit Drogen. Gleichzeitig kann ein Dealer Cannabis verkaufen, das mit gesundheitsschädlichen Substanzen gestreckt wurde. Wie auch immer. Alles, oder fast alles, muss überdacht werden.
Sie arbeiten in einer Unterkommission zur Cannabisregulierung. Wie weit ist Ihre Arbeit fortgeschritten?
Die Arbeiten schreiten voran. Wir haben der Verwaltung eine politische Richtung vorgegeben. Sie wird mit einem Gesetzesvorschlag zurückkommen, den wir dann diskutieren werden. Mit gutem Willen wird die Frage im Dezember 2024 entschieden sein. Wenn einige jedoch alles tun, um den Prozess zu verlangsamen, wird es leider noch viele Jahre dauern.
Was halten Sie für wahrscheinlicher?
Was ich jetzt schon sagen kann, ist, dass es im Allgemeinen einen Konsens gibt, der auf einen staatlich kontrollierten Cannabismarkt hinausläuft. Nun ist es vor allem die Art und Weise der Kontrolle, die für Debatten sorgt. Vor über dreissig Jahren reichten die Grünen den ersten parlamentarischen Vorstoss für eine vollständige Legalisierung von Cannabis ein. Wir haben die Chance, diese Forderung nach Gesundheit, Sicherheit und Freiheit in der nächsten Legislaturperiode umzusetzen. Wir müssen es richtig machen!
Aber wie würde der Verkauf von Cannabis konkret aussehen?
Wir wollen keine grossflächige Vermarktung, wie sie in einigen US-Bundesstaaten üblich ist. Diese Vorgehensweise nützt nur grossen Unternehmen und ist mit einer Reihe von problematischen Praktiken verbunden: aggressives Marketing, Verkauf von zweifelhaften Produkten, starker Anstieg des Konsums, starker Einfluss der Tabakindustrie. Das ist überhaupt nicht unser Ziel.
Sie sprechen also über den Eigenanbau und das spanische Modell mit seinen «Cannabis Social Clubs», die ein wenig wie Erzeuger-Verbraucher-Verbände funktionieren.
Ja, das ist das Modell, das uns am geeignetsten erscheint. Was den rechtlichen Rahmen betrifft, plädieren wir für den Verkauf nur an volljährige Personen, ein Verbot von Werbung und Sponsoring, strenge Kriterien für die Produktion und die Qualität der Produkte – insbesondere den biologischen Anbau in der Schweiz – sowie für neutrale Verpackungen. Die Verkaufsstellen würden vom Staat verwaltet und vor allem dürften Produktion und Verkauf nicht von ein und demselben Unternehmen durchgeführt werden.
Mit all diesen Auflagen dürfte die Cannabis-Produktion so teuer werden, dass sie dem Schwarzmarkt kaum konkurrieren kann.
Die Frage des Preises soll unter anderem durch die Pilotversuche in Basel, Zürich und Lausanne geklärt werden. Wenn man sich die Staaten anschaut, die bereits auf den Zug aufgesprungen sind, stellt man fest, dass der Schwarzmarkt umso mehr ausgetrocknet wird, je mehr der Markt liberalisiert wird. Ein unregulierter legaler Markt, auf dem ein «Big Cannabis» entstehen kann, der mit aggressivem Marketing wie die Pharma- und Tabakindustrie viel Geld verdienen kann, ist aus Sicht der öffentlichen Gesundheit jedoch nicht wünschenswert.
In der idealen Welt von Léonore Porchet konsumieren die Menschen Cannabis?
(Sie überlegt) In meiner idealen Welt hätten wir alle Zugang zu allen Formen des Genusses, zu denen wir Zugang haben möchten – mit dem gesetzlichen Rahmen, den geistigen Ressourcen und der sozialen Stabilität, die notwendig sind, damit dies keine langfristigen Folgen für unsere Gesundheit und Sicherheit hat.
Kann man bei Cannabis, einem Produkt, dessen Konsum problematisch sein kann, wirklich von Genuss sprechen?
Natürlich sind Abhängigkeit und schlechte Konsumbedingungen problematisch, genau wie bei Alkohol. Die meisten Menschen, die Cannabis konsumieren, tun dies in Massen, ohne dass dies ein Problem darstellt. Ich glaube an diese Freiheit.